In der Vesperkirche | Foto: Katharina Stohr

Predigt

Januar 2022

Willkommen

Autor: Pfarrer Gottfried Heinzmann

Eröffnung der Vesperkirche in Ravensburg am 24.01.2022 – Gottesdienst, Stadtkirche Ravensburg

Liebe Gemeinde,

Jesus Chris­tus spricht: »Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abwei­sen.« – Was für ein schöner, ein­la­den­der Bibel­vers. Die Jah­res­lo­sung für das Jahr 2022. Ein Leit­vers wie gemacht für uns in der Ves­per­kir­che! »Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abwei­sen.« Ein Wort Jesu vol­ler Ver­heißung – und für uns genauso auch ein großes Pro­blem. Bibel­vers trifft Rea­lität.

Jesus lädt alle ein. Weist nie­man­den ab. Das soll auch für uns in der Ves­per­kir­che gel­ten: Wer kommt, den wer­den wir nicht abwei­sen. Alle sind will­kom­men. Mit­ten in einer Welt, in der Men­schen so viel Abwei­sung erfah­ren. Aber auch mit­ten in einer Situa­tion, wo wir die­ses »Will­kom­men« nicht so ein­fach umset­zen können. Weil Men­schen wegen ihres Impf­sta­tus nicht über­all reinkönnen.

Ob reich oder arm. Wir sit­zen alle an einem Tisch und essen gemein­sam. So haben wir es die gan­zen Jahre über gehal­ten. Ob Viel-Red­ner oder Wenig-Worte-Macher. Wir begeg­nen ein­an­der und wer mag, kann sich unter­hal­ten. Das war schön. Ob per­fekt gestylt oder nicht. Nie­mand wird schräg ange­schaut. Wer Bedarf hat, geht zum Fri­seur. Und das alles mit­ten in der Kir­che.

Das Got­tes­haus sprichwörtlich als Her­berge. Mit Weg­zeh­rung, Wärme und Gemein­schaft. Unter dem Kreuz, vor dem Altar. Auf­ge­ho­ben in einem Raum, der für das Ver­trauen zwi­schen Men­schen und Gott steht.

Ob reich oder arm, Viel-Redner oder Wenig-Worte-Macher, perfekt gestylt oder nicht. Wir begegnen einander.

So haben wir Ves­per­kir­che hier in der Stadt­kir­che schon viele Jahre erlebt (mit Video).

Peter Raab (Gast): »Das war so, dass ich das erste Mal darüber gehört habe in Stutt­gart. Damals hatte ich Vor­ur­teile, in Stutt­gart waren das meiste dro­gensüchtige Leute und wohn­sitz­lose Leute. Als ich jetzt das erste Mal hier­her­ge­kom­men bin, habe ich gemerkt, hier sind ganz andere Men­schen. Du kannst dich mit allen unter­hal­ten, du kannst dich mit allen aus­ein­an­der­set­zen und hast eine gute Gemein­sam­keit. Vor allem wer­den dir auch Dinge ange­bo­ten, die sonst für viele Leute gar nicht mach­bar sind, dass sie bei­spiels­weise zum Frisör gehen können.«

Han­ne­lore Pfef­fer (Ehren­amt­li­che): »Die Ves­per­kir­che bedeu­tet Begeg­nung. Das waren, als ich ange­fan­gen habe, so kleine Schritte rein und inzwi­schen ist es ein­fach auch Hei­mat, da ich mich wohlfühle mit den Gästen, mit den Mit­ar­bei­tern, mir gefal­len die Auf­ga­ben, die man machen kann und es ist ein Mitein­an­der von der Gesell­schaft, das ich sonst sehr ver­misse.«

Peter Raab (Gast): »Und vor allem jetzt zu Corona-Zei­ten wäre es rich­tig schön, wenn das wäre. Denn man hat ja doch eine gewisse Iso­la­tion. Da wirst du halt auch ein biss­chen bedep­pert und depres­siv. Und das könnte das natürlich kom­pen­sie­ren.«

Ves­per­kir­che – offen für alle. Das ist unser Motto. Oder sollte ich bes­ser sagen: Das war unser Motto? Denn – wie im letz­ten Jahr ste­cken wir auch in die­sem Jahr mit­ten in der Corona-Pan­de­mie. Als Verant­wort­li­che haben wir in den ver­gan­ge­nen Wochen um eine gute Ent­schei­dung gerun­gen. Aber – was ist über­haupt gut in die­ser Situa­tion?

Offen für alle. Das ist unser Motto. Oder sollte ich besser sagen: Das war unser Motto?

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