Street Art eines unbekannten Künstlers in München | Foto: Martin Arz

Predigt

Januar 2019

Frieden finden

Autor: Pfarrer Gottfried Heinzmann

Predigt zur Jahreslosung am 13.01.2019
Neujahrsempfang Gesamtkirchengemeinde Ravensburg

Liebe Gemeinde,

»Suche Frie­den und jage ihm nach!« – so lau­tet die Jah­res­lo­sung für 2019. Damit wird als große bib­li­sche Über­schrift für das neue Jahr das Wort FRIEDEN gesetzt. Wir spüren die Sehn­sucht nach Frie­den in die­sem neu begin­nen­den Jahr 2019. Die Jah­res­lo­sung, die vom Frie­den redet, trifft auf eine große Unsi­cher­heit. Eine Unsi­cher­heit, die immer stärker zu wer­den scheint. Wir spüren, wie zer­brech­lich der Friede in unse­rer Gesell­schaft ist. Wir erle­ben, wie gefährdet der Friede auf Erden ist. Wir neh­men wahr, dass Friede alles andere als selbst­verständlich ist und den­ken auch wie­der mehr über den Frie­den nach:

Frie­den – was ist damit gemeint?
Wel­che Schritte kann ich gehen?
Wie zeigt er sich? 

Die­sen Fra­gen möchte ich in der Pre­digt nach­ge­hen und anhand die­ser Jah­res­lo­sung über­le­gen, wie Gott sich den Frie­den gedacht hat und wie er uns in die­sen Frie­den hin­ein­nimmt.

1. FRIEDE – WAS IST DAMIT GEMEINT?

Frie­den ist ein großes Wort. Ein großes Wort, das gar nicht so leicht zu erfas­sen ist. Man kann Frie­den als Abwe­sen­heit von Krieg ver­ste­hen. Wir erle­ben gegenwärtig die längste Frie­den­spe­ri­ode der deut­schen Geschichte. Über 70 Jahre gab es kei­nen Krieg in Deutsch­land. Wir sind eine begna­dete, eine beschenkte Gene­ra­tion. Nur wenige Zeit­zeu­gen können sich noch an die Schre­cken der bei­den Welt­kriege erin­nern. Und es scheint fast so, dass damit auch die Stim­men lei­ser wer­den, die sagen: Nie wie­der Krieg!

Dage­gen drängen die Stim­men in den Vor­der­grund, die den Zusam­men­halt in der Gesell­schaft und in der Welt gefährden. »Ich zuerst« – »Wir zuerst« - »Mein Land zuerst« – das sind die Bot­schaf­ten, mit denen Poli­tik gemacht wird. Wenn man das Gehabe von Trump, Putin, Kim Jong Un, Erdo­gan, Assad und ande­ren beob­ach­tet, dann spie­len sie auch mit dem Gedan­ken eines Angriffs, der einen Krieg auslösen könnte. Was für ein Irr­sinn! Der bri­ti­sche Phi­lo­soph Gray­ling for­dert: »Als ers­tes müssen wir ... den Krieg als selbst­verständli­che Option aus dem poli­ti­schen Werk­zeug­kas­ten der Staa­ten ent­fer­nen.«

Ja, das müssen wir – doch können wir es auch? Wel­che Schritte sind dazu not­wen­dig? Wer kann hier etwas verändern? Wir als Chris­ten? Kann der christ­li­che Glaube einen Bei­trag zum gefährde­ten Frie­den leis­ten?

»Auf kei­nen Fall« – sagen man­che Reli­gi­ons­kri­ti­ker. Sie sehen in den Reli­gio­nen die eigent­li­che Ursa­che für Hass, Gewalt und Krieg. Richard Dawkins, ein bri­ti­scher Evo­lu­ti­ons­bio­loge und ein­fluss­rei­cher populärer Schrift­stel­ler schreibt:  »Reli­gion ist das wich­tigste und gefährlichste Eti­kett, mit dem man die Unter­schei­dung ›die‹ gegen ›wir‹ auf­ma­chen kann.« Seine Fol­ge­rung lau­tet des­halb: Es ist not­wen­dig, die Reli­gio­nen abzu­schaf­fen, damit die Welt Frie­den fin­den kann.

Nun sit­zen wir hier in der Kir­che, sind Angehörige einer Reli­gi­ons­ge­mein­schaft, hören auf einen Bibel­text, der vom Frie­den han­delt und gleich­zei­tig diese harte Kri­tik an den Reli­gio­nen: Reli­gion hin­dert den Frie­den und muss abge­schafft wer­den. Wie geht das zusam­men?

Wir spüren, wie zerbrechlich der Friede in unserer Gesellschaft ist.

Ich möchte sol­che Kri­ti­ker und auch die lei­sen Skep­ti­ker ein­la­den, sich nicht an den Irr­we­gen des christ­li­chen Glau­bens auf­zu­hal­ten, son­dern nach dem Wesen zu fra­gen. Nach dem inners­ten Kern unse­res Glau­bens. Nach der Mitte der bib­li­schen Aus­sa­gen zum Frie­den.

Wenn wir das tun, dann lan­den wir bei Jesus. Der Weg zum Frie­den – wie ihn die Bibel und der christ­li­che Glaube beschrei­ben – beginnt bei Jesus. In Jesus wird deut­lich, dass Gott der Kriegs­hetze und dem Kriegs­trei­ben sei­ner Men­schen nicht ein­fach zusieht und schon gar nicht die Ursa­che davon ist. Viel­mehr begibt er sich selbst in diese fried­lose Welt hin­ein, damit Versöhnung und Frie­den möglich wer­den.

Er kommt aber nicht als Macht­po­li­ti­ker und Kriegs­herr, son­dern als klei­nes, hilflo­ses Kind. Er tritt den Mächti­gen die­ser Welt als Säugling gegenüber. Er sagt zu Petrus, der ihn mit dem Schwert ver­tei­di­gen will: »Ste­cke das Schwert wie­der weg«. Er nennt die­je­ni­gen »glückse­lig«, die Frie­den stif­ten. Pau­lus schreibt über ihn: »Chris­tus ist unser Friede.«

Wenn wir Frie­den suchen und unse­rer Sehn­sucht nach Frie­den nach­ge­hen, stoßen wir auf Jesus. Wenn wir danach fra­gen, wie Gott die­ser Welt Frie­den brin­gen wird, lau­tet die Ant­wort: Durch Jesus. Wenn wir über­le­gen, wer den Weg des Frie­dens vor­aus­ge­gan­gen ist und wem wir nach­fol­gen können, sehen wir auf Jesus. Die Begeg­nung mit ihm beginnt damit, dass wir ihn wahr­neh­men. Ihm zuhören. Ihn ken­nen­ler­nen. Ihm ver­trauen. In ihm Frie­den fin­den. Und ihm dann auch nach­fol­gen. Auf dem Weg des Frie­dens. Damit auch andere durch uns und mit uns Frie­den fin­den.

  • Wer den Weg mit­geht, den Gott in Jesus vor­aus­geht, der wird erle­ben, wie Jesus Feind­schaft been­det und Zäune abbricht.
  • Wer den Weg mit­geht, den Gott in Jesus vor­aus­geht, der erlebt, das Friede viel mehr ist als nur die Abwe­sen­heit von Krieg.
  • Wer den Weg mit­geht, den Gott in Jesus vor­aus­geht, wird das ken­nen­ler­nen, was mit Scha­lom – dem bib­li­schen Wort für Frie­den – ursprünglich gemeint ist.

Scha­lom bedeu­tet vom Ursprung her: »ganz sein, heil sein«. Wenn wir von Jesus als »Hei­land« reden und an ihn glau­ben, dann ver­trauen wir dar­auf, dass er uns Heil, also Ganz­heit schenkt. Dass er die Risse in uns und in die­ser Welt »heil« machen kann.

Jesus bringt die­ser Welt auf eine ganz beson­dere Weise Frie­den: Indem er uns sei­nen Frie­den schenkt und uns mit auf den Weg des Frie­dens nimmt.

Ich möchte die Kritiker und Skeptiker einladen, sich nicht an den Irrwegen des christlichen Glaubens aufzuhalten, sondern nach dem Wesen zu fragen.

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