Angedachtes_von

Karl-Ernst Kreutter

Auch Tiere sind Geschöpfe Gottes. Manchmal können uns zum Vorbild werden … Gedanken von Karl-Ernst Kreutter, Bereich »Mensch und Diakonie« in unserer Altenhilfe.

Angedachtes

Angedachtes_von

Karl-Ernst Kreutter

Auch Tiere sind Geschöpfe Gottes. Manchmal können uns zum Vorbild werden … Gedanken von Karl-Ernst Kreutter, Bereich »Mensch und Diakonie« in unserer Altenhilfe.

Angedachtes

Dezember 2014

Tiere als Seelsorger?

Text: Karl-Ernst Kreutter

Berta hieß die ältere Dame, die ich vor vie­len Jah­ren ken­nen­ler­nen durfte. Wäre sie mir außerhalb unse­rer damals neu ein­ge­rich­te­ten Wohn­gruppe begeg­net, würde ich mich ver­mut­lich kaum mehr an sie erin­nern, so beschei­den und zurückhal­tend, wie sie als Per­son war. Berta war schwer demen­zi­ell erkrankt und in ihrer Fähig­keit zur Kom­mu­ni­ka­tion für alle erkenn­bar stark ein­ge­schränkt.

Sehr lie­be­voll und kon­zen­triert wandte sie sich jedoch unse­rer Grup­pen­katze zu und blühte dabei rich­tig auf. Wie bewirkte die­ses Tier eine sol­che Leben­dig­keit, die bei all unse­ren eige­nen Bemühun­gen kaum zu errei­chen war?

Durch ihr Schnur­ren, Ent­ge­gen­lau­fen, Anschmie­gen, Anstup­sen und viele andere Aus­drucks­for­men äußerte die Katze ihr Wohl­be­fin­den und ihre Zunei­gung. Das gespro­chene Wort, für unse­ren Umgang mit Berta meist im Vor­der­grund, war für diese Frau in ihren Begeg­nun­gen mit der Katze nicht mehr so wich­tig.

Die non­ver­bale, instink­tive Kom­mu­ni­ka­tion, die nahen Körper­kon­takt zwi­schen Tier und Mensch wie bei­spiels­weise Strei­cheln, Küssen, Umar­men oder Kuscheln zulässt, schaffte Ver­traut­heit, Zunei­gung, emo­tio­nale Wärme und Bin­dung. Erstaunt nah­men wir eine völlig veränderte, sicht­bar gelöste und ent­spannte Berta wahr, die sich situa­tiv und auf den Augen­blick kon­zen­trierte.

Die Katze erteilte uns eine wich­tige Lek­tion: Sie störte sich nicht daran, wenn Berta ihr immer wie­der das­selbe erzählte und sie deu­tete auch den Inhalt des Erzählten nicht. Wich­tig waren für das Tier allein die Signale und Ange­bote der Zunei­gung sei­nes mensch­li­chen Gegenübers. Erstaunt nah­men wir wahr: Die bei­den ver­stan­den sich. Sie waren auf einer Wel­lenlänge.

Tiere tun den Men­schen gut. Sie sind ihnen hilf­rei­che Beglei­ter. Ihre posi­tive Wir­kung auf Men­schen, die wir in unse­ren Ein­rich­tun­gen fördern und beglei­ten, ist unbe­strit­ten. Die so erfahr­bare bedin­gungs­lose Nähe und Zuwen­dung im Kon­takt mit Tie­ren ver­mit­telt den Betrof­fe­nen das Gefühl von Bedeut­sam­keit und stärkt ihr Selbst­be­wusst­sein und die eigene Iden­tität.

In unse­ren Begeg­nun­gen mit den Tie­ren können wir etwas davon ent­de­cken, was uns mit­ein­an­der ver­bin­det. Auch sie sind Geschöpfe Got­tes. Des­halb soll­ten wir uns davor hüten, uns vor­schnell über sie zu erhe­ben. In man­cher Hin­sicht können sie uns manch­mal zum Vor­bild wer­den und sogar die wirk­sa­me­ren The­ra­peu­ten sein.