»Es gibt diese Momente, die sind alles wert.«

Porträt

»Es gibt diese Momente, die sind alles wert.«

Sarah Binanzer

Porträt

Dezember 2025

Sarah Binanzer ist eine von rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Diakonie-Sozialstation Mössingen. Warum die gelernte Bankkauffrau in die Pflege wechselte und wie sie Familie und Beruf meistert, das haben wir die 33-Jährige gefragt. Das Porträt.

Text: Jacqueline de Riese

Der Mor­gen ist noch kühl, als Sarah Binan­zer ihr Auto star­tet. Die 33-Jährige ist Pfle­ge­fach­kraft im ambu­lan­ten Dienst der Dia­ko­nie-Sta­tion Mössin­gen-Bodels­hau­sen-Ofter­din­gen. Ihr Arbeit­sall­tag beginnt, wenn andere sich noch im Bett umdre­hen. Jeder Hand­griff sitzt, jedes Detail ist im Kopf. »Man könnte mei­nen, wir arbei­ten allein – aber ich bin eine Ein­zelkämpfe­rin im Team«, sagt sie und lacht.

Sarah Binan­zer ist Mut­ter einer dreijähri­gen Toch­ter und meis­tert den Spa­gat zwi­schen Fami­lie und Beruf. Dank fle­xibler Dienstpläne und der Unterstützung ihres Arbeit­ge­bers gelingt es ihr, sich den Her­aus­for­de­run­gen im Pfle­ge­all­tag zu stel­len. Gerade jetzt, während ihre Toch­ter sich im Kin­der­gar­ten ein­gewöhnt, steht das Team beson­ders eng zusam­men, um ihre Arbeits­zei­ten anzu­pas­sen.

»Im ambu­lan­ten Dienst zu arbei­ten, ist nicht nur ein Beruf, son­dern eine Ent­schei­dung«, erzählt Binan­zer. Nach ihrer ers­ten Aus­bil­dung zur Bank­kauf­frau ent­schied sie sich bewusst für einen zwei­ten Kar­rie­re­weg in der Pflege. »Mir hat die Bewe­gung und der direkte Kon­takt zu Men­schen gefehlt«, erin­nert sie sich. Nach ihrer Aus­bil­dung als Gesund­heits- und Kran­ken­pfle­ge­rin sam­melte sie Erfah­run­gen im Kran­ken­haus und im ambu­lan­ten Bereich, bevor sie für einige Jahre in der Schweiz arbei­tete. Die Rückkehr nach Mössin­gen war eine familiäre Ent­schei­dung: »Hier im Fami­li­en­ver­bund mit den Eltern zu leben und vor Ort zu arbei­ten, gibt mir und mei­ner Fami­lie Sicher­heit.«

Mit einem klar struk­tu­rier­ten Plan geht Sarah Binan­zer auf Tour. Sie besucht täglich ältere Men­schen, unterstützt sie bei­spiels­weise bei der Körper­pflege, ver­sorgt Wun­den oder kon­trol­liert Medi­ka­mente. Die Tou­ren sind gut orga­ni­siert, die Kun­din­nen und Kun­den kennt sie genau. »Man hat feste Rou­ten und arbei­tet eigenständig, aber bei unvor­her­seh­ba­ren Auf­ga­ben steht immer jemand über das Bereit­schafts­te­le­fon für Rückfra­gen zur Verfügung«, erklärt sie.

Zwi­schen den Einsätzen bleibt manch­mal eine kurze Pause im Auto, um durch­zuat­men und die Gedan­ken zu sor­tie­ren. »Das ist wich­tig, um emo­tio­na­len Abstand zu gewin­nen und für die nächste Begeg­nung bereit zu sein«, sagt sie. Denn der mensch­li­che Kon­takt steht im Mit­tel­punkt ihrer Arbeit. »Die Men­schen ver­trauen uns, und die­ses Ver­trauen ist etwas ganz Beson­de­res.«

Die Arbeit im ambu­lan­ten Pfle­ge­dienst ist anspruchs­voll. Zeit­druck, unvor­her­seh­bare Situa­tio­nen und die Verant­wor­tung können her­aus­for­dernd sein. Doch für Sarah Binan­zer über­wie­gen die posi­ti­ven Sei­ten. »Die Arbeit ist stres­sig, keine Frage. Aber ich würde sie gegen nichts auf der Welt ein­tau­schen.«

»Was mich moti­viert, ist der direkte Kon­takt zu den Men­schen und das Wis­sen, dass ich ihnen hel­fen kann«, sagt sie. Gerade ältere Men­schen, die oft allein leben, sind auf diese Hilfe ange­wie­sen. »Es gibt Momente, in denen ein Lächeln oder ein ›Danke‹ alles wert sind.«

Sarah Binan­zer liebt, was sie tut – auch wenn es nicht immer ein­fach ist. Denn am Ende eines lan­gen Arbeits­ta­ges weiß sie: Ihre Arbeit macht einen Unter­schied.