Porträt
Dezember 2023
Als sie das Angebot bekommt, Nachtschwester in der Suchtfachklinik Höchsten zu werden, muss Eva Krah lange überlegen. Kommen da nicht zu viele Erinnerungen an ihre Kindheit hoch? Doch dann sagt sie ja und es schließt sich ein Kreis – mit gutem Ende. Das Porträt.
Text: Rebekka Barth
Irgendwas mit Kindern sollte es beruflich sein – das war für Eva Krah eigentlich schon im Kindergarten klar, denn: ihre Kindergärtnerin war ihr großes Vorbild. Dass es damals nach der Realschule doch nicht die Erzieherinnenlaufbahn war, die Krah einschlug, sondern ihr Weg sie als Kinderkrankenschwester ins Krankenhaus führte? Geschenkt. »Kinder sind so ehrlich und echt. Ich wollte unbedingt mit ihnen arbeiten.« Die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester absolviert Eva Krah im Kinderkrankenhaus St. Nikolaus in Ravensburg. Damals residiert es noch in einem eigenen Gebäude oberhalb des St. Elisabethen-Klinikums in Ravensburg. Nach der Ausbildung qualifiziert sich Krah weiter, macht Fortbildungen zum Thema Pädiatrische Intensivpflege, denn die Pflege von besonders schwer erkrankten Kindern erfordert Spezialwissen. Die Arbeit auf der Kinderintensivstation ist eine große Herausforderung, sowohl fachlich als auch mental. Nicht alle kleinen Patientinnen und Patienten können die Station gesund verlassen, damit umzugehen ist nicht einfach. »Aber es gab natürlich auch viele schöne Momente«, erinnert sie sich.
Mittlerweile ist Krah verheiratet, 2002 und 2004 kommen ihre Kinder, ein Sohn und eine Tochter, zur Welt. Krah steigt aus dem Krankenhausbetrieb aus, wird Mutter in Vollzeit. »Diese Zeit habe ich sehr genossen, aber irgendwann kam der Punkt, an dem ich gerne auch wieder arbeiten gehen wollte.« Das ist 2009. Aber will sie wirklich zurück in den alten Job? »Auch wenn ich die Arbeit auf der Kinderintensivstation mit Herz und Seele gemacht habe, war mir klar, ich möchte nicht mehr zurück. Ich wollte die oft so schweren Schicksale der Kinder und ihrer Familien nicht mehr jeden Tag mit nach Hause nehmen.«
Und wie es manchmal so ist im Leben, tut sich unverhofft eine neue Tür auf: Ein Telefonanruf von Gabi Gindele, die damals in der Aufnahme der Fachklinik Höchsten arbeitet und eine gute Freundin von Krahs Mutter ist, schubst Eva Krahs Berufsleben in eine neue Richtung: Die Fachklinik Höchsten sucht eine Nachtschwester. »Gabi meinte: ›Du bist doch daheim und auf der Suche nach was Neuem, dann kannst Du das machen‹, also in der Nacht arbeiten und tagsüber trotzdem für die Familie da sein«, erinnert sich Krah. Überlegt hat sie sich den Schritt lange – obwohl sie die Suchthilfe der Zieglerschen schon seit ihrer Kindheit kennt. Denn mit dem Jobangebot schließt sich ein Kreis. Nicht nur ihre Mutter hat fast 20 Jahre im Aufnahmesekretariat des Ringgenhofs gearbeitet. Der legendäre langjährige Leiter Dr. Eberhard Rieth besorgte Evas Mutter nach der Trennung von ihrem Mann eine Wohnung dort – so kam es, dass Eva Krah einen Teil ihrer Kindheit und Jugend auf dem Ringgenhof verbracht hat. Für Eva Krah eine gute Zeit: »Ich fühlte mich auf dem Ringgenhof immer sehr sicher, der Ringgenhof war mein Schutzraum.« Trotzdem ist sie sich unsicher, ob die Arbeit mit suchtkranken Frauen und die damit unweigerlich verbundenen Erinnerungen an ihre Kindheit wirklich etwas für sie ist.
Die damalige ärztliche Leitung überzeugt sie schließlich doch und Krah probiert die neue Stelle einfach aus. »Eine gute Entscheidung, das Team war super und es hat mir von Nacht zu Nacht immer mehr Freude bereitet, mit den Frauen zu arbeiten.« Also bleibt Eva Krah, macht 2010 den Umzug der Fachklinik nach Bad Saulgau mit, bekommt nach und nach mehr Verantwortung, wird Teamleiterin. Mittlerweile ist die inzwischen 54-Jährige Leiterin der Pflegeteams der Fachkliniken Ringgenhof und Höchsten. Ihre Arbeit ist ihr wichtig, denn: »Nach wie vor werden Suchtkranke in unserer Gesellschaft ausgegrenzt und diskriminiert.«
Ausgleich zum ausgefüllten Arbeitsleben findet Krah auf ihrem E-Bike. Gerne fährt sie ins Pfrunger Ried, um Ruhe zu tanken. Aber auch größere Touren, gemeinsam mit ihrem Mann, bereiten ihr sehr viel Freude und sorgen für Abwechslung. Ihr größtes Hobby ist aber wohl das Reisen, denn dabei kann sie sich besonders gut erholen. Städtereisen, Segeln, fremde Länder, Kulturen und Küchen: Das bereitet ihr immer wieder Freude. Als nächste Tour steht ein Trip in den hohen Norden auf dem Plan, denn »die Nordlichter, die möchte ich unbedingt mal sehen«.
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