
»Schmieren und Salben hilft allenthalben«
Gudrun Engemann

»Schmieren und Salben hilft allenthalben«
Gudrun Engemann
Expertentipp
Dezember 2023
Gespräch mit Gudrun Engemann, Pflegefachkraft mit Schwerpunkt Palliative Care und Gesundheitliche Versorgungsplanung (GVP) über die Erinnerungskultur in den Seniorenzentren der Zieglerschen.
Text: Nicola Philipp
Frau Engemann, Sie sind seit 44 Jahren in der Pflege und seit 2006 im Martinshaus Kirchentellinsfurt tätig. Wie gehen Sie mit dem Thema »Erinnerungen an Verstorbene« um?
Sich erinnern ist wichtig. Für die Angehörigen, für uns Mitarbeitende und für alle Mitbewohner. Wenn jemand stirbt, machen die Betreuungskräfte als erstes eine kleine Aussegnungsfeier auf dem Wohnbereich mit einem dekorierten Tisch, einem Licht, einem Bild, damit wir alle Abschied nehmen können. Hierzu sind auch die Angehörigen eingeladen. Außerdem haben wir ein Buch, in das der Name des Verstorbenen und ein schöner Spruch eingetragen werden. Den Spruch schlagen die Angehörigen vor, wenn sie wollen. Wann immer möglich gehen die Einrichtungsleiterin Frau Armbruster, weitere Kolleginnen und ich auf die Beerdigung. Manchmal, wenn die Beerdigung im Ort ist, kommen auch Bewohnerinnen mit. Und außerdem gibt es jedes Jahr kurz vor dem Totensonntag einen Gedenkgottesdienst, zu dem alle Angehörigen eingeladen sind.
Wie nehmen Sie selbst Abschied von Bewohnerinnen und Bewohnern?
Tatsächlich ist es leichter für mich, Abschied zu nehmen, wenn die Leute in meiner Anwesenheit sterben und ich sie begleiten darf. Richtig gut gelingt das, wenn wir vorher ein Gespräch zur Gesundheitlichen Vorsorgeplanung gemacht haben. Dann ist alles geklärt, wir können zusammen mit den Ärzten dafür sorgen, dass der Bewohner keine Schmerzen mehr hat und friedlich einschlafen darf. In so einem Sterbezimmer ist sehr viel Frieden. Wenn sich der Tod beim Schicht-Ende andeutet, bete ich mit den Leuten, segne sie und gehe heim. Schwierig ist es, wenn man vom Wochenende kommt und das Bett ist leer. Da tut es mir weh, dass ich mich nicht richtig verabschieden konnte.
Gibt es eine Situation oder einen Satz, an den Sie sich gerade erinnern?
Ich muss oft an markante Sätze von Bewohnern denken, zum Beispiel: »Schmieren und Salben hilft allenthalben.« Oder vor meinem 60. Geburtstag, da hat eine Bewohnerin zu mir gesagt: »Also, Gudrun, mit 60 hat‘s bei mir angefangen.« An sie denke ich öfter, wenn es mal im Rücken zwickt.
Tipp
Nutzen Sie das Angebot der Gesundheitlichen Vorsorgeplanung (GVP)! Gemeinsam mit Ärzten und Seelsorgern können wir die Sterbephase besprechen und dann gut begleiten: Mit den richtigen Medikamenten, der richtigen Aufmerksamkeit. So bleibt von den letzten Stunden Ihres Angehörigen auch ein tröstliches Gefühl.