Porträt
September 2023
Meike Frei ist das, was man landläufig eine »Sportskanone« nennt: Sport bestimmt ihr Leben. Die 28-Jährige, die je zur Hälfte bei den Zieglerschen und der TSG Wilhelmsdorf arbeitet, hat sich dem Sport für und mit Menschen mit Behinderung verschrieben. In diesem Sommer erlebte sie den Höhepunkt ihres bisherigen Trainerlebens: als Cheftrainerin bei den Special Olympics. Das Porträt.
Text: Annette Scherer
»Es war ein Wahnsinn!« sagt Meike Frei rückblickend über ihre neun Tage als Head Coach, Cheftrainerin, bei den Special Olympics Weltspielen in Berlin. In dieser Funktion war sie im Juni direkte Ansprechpartnerin für 68 Athletinnen, Athleten, Unified-Partner und deren Trainer aus insgesamt fünf deutschen Fußballmannschaften. »Wir hatten bereits im Frühjahr fast jedes Wochenende ein Vorbereitungstreffen«, erzählt die 28-Jährige. Während der Spiele haben Cheftrainer vor allem die Aufgabe, die Rechte und Pflichten der Sportler und Trainer zu organisieren und zu kommunizieren sowie den Direktkontakt zur Delegationsleitung des Teams Deutschland zu halten.
»Im Nachhinein sind die Tage wie im Flug vergangen«, erinnert sie sich. Meist hat sie schon morgens beim Warmmachen der Sportlerinnen und Sportler gecheckt, ob alles passt und auch keiner verletzt ist, hat neben den Mails die zahlreichen Interviewanfragen etwa von ZDF, Sky oder RTL bearbeitet und pro Tag durchschnittlich 34 Anrufe bekommen. Wenn es für manche sportlich mal nicht wie erhofft gelaufen ist, hat sie auch getröstet, in den Arm genommen und ermutigt. »Ich bin dankbar und stolz, ein Teil des Ganzen gewesen und mit dem Team Deutschland ins Berliner Stadion eingelaufen zu sein. Und ich find’s richtig cool, dass die Special Olympics dieses Mal in Deutschland stattgefunden haben und der Behindertensport endlich die Medienpräsenz bekommen hat, die er verdient hat«, sagt sie. Eine tolle Erfahrung sei es für sie gewesen, ganz vielen verschiedenen und spannenden Menschen aus aller Welt zu begegnen. Insgesamt waren bei den Special Olympics in Berlin 176 Nationen vertreten. Auch zwischen den Athleten seien zum Teil Kontakte und Beziehungen entstanden, die auch nach dem Event noch andauerten.
Meike Frei ist das, was man landläufig eine »Sportskanone« nennt. »Sport bestimmt mein Leben von morgens bis abends«, berichtet sie. Nach dem Abitur hat die junge Frau ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der TSG Wilhelmsdorf absolviert und dann an der Pädagogischen Hochschule Weingarten »Bewegung und Ernährung« studiert. Jetzt arbeitet sie je zur Hälfte bei der TSG Wilhelmsdorf und bei den Zieglerschen. Bei der TSG gibt sie Schwimmkurse, betreut Fußballmannschaften, die Kindersportschule und kooperiert mit verschiedenen sonderpädagogischen Schulen, den SBBZs. Bei den Zieglerschen arbeitet sie seit 2021 im Sportbereich der Behindertenhilfe und bietet »werkstattbegleitende Maßnahmen« für Menschen mit Behinderung: Bewegungsangebote mit dem Ball, Entspannungstraining, Zirkusgruppen, Sportveranstaltungen und Hallenfußball.
Menschen mit Behinderung haben schon immer zu ihrem Leben gehört. Ihre Mutter arbeitete in einer Behindertenhilfe-Einrichtung und hat sie als Kind regelmäßig mitgenommen. Welchen Bedeutung hat Sport in der Behindertenhilfe? »Für Menschen mit Behinderung ist der Sport oft alles. Es ist ihre Möglichkeit, aus dem Werkstatt- und Wohngruppenalltag herauszukommen«, so ihre Erfahrung. Keiner werde gezwungen, etwas zu tun. Weil es nicht um Leistung gehe, sondern um das Dabeisein, tue der Sport gerade im Behindertenhilfebereich ganz vielen Menschen gut.
Wichtig bei ihrer Arbeit ist es für sie, die Freude an der Bewegung zu vermitteln. »Ich möchte Menschen zum Sport motivieren und keinen Leistungsdruck erzeugen«, sagt sie. Die 28-Jährige wünscht sich, dass Inklusionssport irgendwann keine Besonderheit mehr, sondern einfach »normal« ist. Dass Menschen mit Behinderungen Mitglieder in Sportvereinen sind, Vereine keine Angst mehr haben, Menschen mit Behinderungen aufzunehmen und diese auch dadurch zur Gesellschaft dazugehören.
Wenn sie keinen Sport macht, hält sie sich gerne in ihrem Garten auf. Im vergangenen Frühjahr hat sie sogar eigene Jungpflanzen gezogen: »Das macht mir viel Spaß und ist manchmal gemeinsam mit den ruhigen Mahlzeiten auf meiner Terrasse ein schöner Ausgleich im turbulenten Alltag. « Neben Sport und Gartenarbeit frönt sie noch einem weiteren Hobby: Sie spielt in der Stadtkapelle Tettnang seit 2008 Waldhorn.
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