»Wir schlafen alle
insgesamt zu wenig«

Dr. Werner Miller

Interview

»Wir schlafen alle insgesamt zu wenig«

Dr. Werner Miller

Interview

Dezember 2017

Interview mit Dr. Werner Miller, Mitarbeiter der BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH und Betriebsarzt, über den Schlaf im allgemeinen und bei Schicht- und Nachtarbeitern.

Text: Harald Dubyk

Herr Dr. Mil­ler, Sie sind Gesund­heits­ex­perte und als Betriebs­arzt unter ande­rem in den Zieg­ler­schen tätig. Was bedeu­tet eigent­lich gesun­der, guter Schlaf?
Im Grund ist es so: Wir können von gutem Schlaf spre­chen, wenn der Körper die Menge Schlaf bekommt, die er auch tatsächlich braucht. Unter gut ver­stehe ich aber auch, dass man sich auf sei­nen Schlaf freut. Schlaf ist mehr als nur die Befrie­di­gung eines Grund­bedürfnis­ses. Wenn man mor­gens auf­wacht und sagen kann, ja, ich habe heute Nacht gut geschla­fen, dann ist es in der Tat gut. Guter Schlaf eben.

Ab wann spre­chen wir von Schlafstörun­gen?
Es gibt ja offi­zi­elle Emp­feh­lun­gen, was ein guter, gesun­der Schlaf ist. Am bes­ten ist es, man schläft durch, wacht viel­leicht maxi­mal ein, zwei­mal kurz auf, um zum Bei­spiel auf die Toi­lette zu gehen. Kin­der schla­fen etwas länger als Erwach­sene. Im Durch­schnitt soll­ten es bei Erwach­se­nen bis zu sie­ben, acht Stun­den Schlaf pro Tag sein. Aber Schlaf ist nicht gleich Schlaf, die Qua­lität des Schlafs ist genauso ent­schei­dend. Die abwech­seln­den Schlaf­pha­sen, also Tief­schlaf und Pha­sen mit erhöhter Gehirn­ak­ti­vität, soll­ten in der Norm lie­gen. Weicht das persönli­che Schlaf­ver­hal­ten auf Dauer davon ab, spricht man von einer Störung des Schlafs. Die Fach­leute sind sich aber grundsätzlich einig, dass wir ins­ge­samt zu wenig schla­fen.

Wie kann sich Schicht- oder Nacht­ar­beit auf den Schlaf aus­wir­ken?
Die Nacht ist zum Schla­fen da. Wer also nachts arbei­tet, verhält sich gegen sei­nen natürli­chen Schlaf-Wach-Rhyth­mus. Die Fol­gen sind u. a. Müdig­keit am Tag. Der Tag­schlaf bei Nacht­ar­bei­tern kann den Nacht­schlaf nicht erset­zen. Mit zuneh­men­dem Alter fällt es uns Men­schen schwe­rer, die­sen berufs­be­ding­ten Schlaf­man­gel zu kom­pen­sie­ren. Wer im Schicht­be­trieb arbei­tet, ist davon auch betrof­fen. Vor dem Ein­schla­fen benötigen wir eine Ent­span­nungs­phase. Kommt die zu kurz, wenn wir zum Bei­spiel erst später abends von der Arbeit nach Hause kom­men, können das Ein­schla­fen und Durch­schla­fen gestört wer­den.

Unser Schlaf­ver­hal­ten verändert sich im Laufe eines Lebens. Wie sieht es da im Alter aus?
Der ältere Mensch braucht in der Regel weni­ger Schlaf. Hinzu kommt, dass im Alter ver­schie­dene Erkran­kun­gen oder Schmer­zen den Schlaf quan­ti­ta­tiv wie qua­li­ta­tiv beeinträchti­gen können. Mit zuneh­men­dem Lebensal­ter spielt häufig auch die soge­nannte Schlafap­noe, also Ate­maus­set­zer im Schlaf, eine Rolle. Diese Schlafap­noe kann sich unter Umständen mas­siv auf die Gesund­heit aus­wir­ken. In vie­len Fällen können sol­che Schlafstörun­gen durch ent­spre­chende Behand­lung gebes­sert wer­den.

Wie würden Sie Ihren Schlaf beur­tei­len?
Wie bei vie­len verändert sich natürlich auch mein Schlaf. Ich schlafe in der Regel gut ein, wache aber zur­zeit öfters in der Nacht auf. Das liegt sicher an den Tage­s­er­eig­nis­sen, die ich erlebe. Diese beschäfti­gen mich wohl auch im Schlaf. Die Folge ist, dass ich am nächs­ten Tag nicht so erholt bin wie ich mir das wünsche. Ich weiß, dass ich hier auf die Rah­men­be­din­gun­gen am Tag ach­ten und diese ver­bes­sern muss.

Herz­li­chen Dank für das Inter­view!

Tipp

Guter Schlaf bedeutet: Man schläft durch, wacht maximal ein, zweimal kurz auf, um zum Beispiel auf die Toilette zu gehen. Bei Erwachsenen sollten es im Durchschnitt sieben, acht Stunden Schlaf pro Tag sein.