
»Wir wollen niemanden zum Umzug zwingen.«
Christoph Arnegger

»Wir wollen niemanden zum Umzug zwingen.«
Christoph Arnegger
Interview
Oktober 2016
Interview mit Christoph Arnegger, Geschäftsführer im Facility Management, und Uwe Fischer, Geschäftsführer in der Behindertenhilfe, über die baulichen Entwicklungen in und um Wilhelmsdorf
Text: Katharina Stohr
Herr Fischer, Herr Arnegger, die fachlich-politischen Entwicklungen, in denen die Zieglerschen derzeit stecken, sind enorm. Manche vermuten, dass Inklusion und Dezentralisierung den ländlichen Raum verwaisen lassen werden. Wie wird sich das Gesicht des Stammsitzes der Zieglerschen in Wilhelmsdorf verändern?
Fischer: Wir müssen Wohnraum auf die Anforderung der Landesheimbauverordnung anpassen, das heißt neu bauen und umbauen. Wilhelmsdorf selbst wird von uns nicht zurückgebaut oder verlassen, sondern wir entwickeln Wilhelmsdorf ganz massiv weiter. Wir bauen derzeit ein neues Wohnangebot in der Friedenstraße. Geplant sind in Wilhelmsdorf darüber hinaus ein Förder- und Betreuungsbereich und ein Seniorenbereich. Im Gewerbegebiet in Wilhelmsdorf planen wir unsere neue Werkstatt für Menschen mit einer Behinderung.
Arnegger: Sicher wird sich Wilhelmsdorf baulich verändern und es wird auch ältere Gebäude geben, die nicht mehr benötigt werden. Es ist aber auch auf das neu Entstehende zu schauen. Und da werden in Wilhelmsdorf mehr ambulante Angebote gebaut werden und nicht mehr die klassischen, stationären Angebote.
Apropos Angebote: Komplexstandorte wie die Haslachmühle sollen »normalisiert« werden. Was sagen Ihre Kunden dazu?
Fischer: Aus Sicht unserer Kunden, ihrer Angehörigen und unserer Freunde und Förderer haben wir an diesen Orten bislang genau die Angebote gemacht, die von ihnen gut bewertet werden. Nun soll sich alles ändern. Ein behütetes, kommunikationsmäßig gut erschlossenes Angebot [Gebärdensprachraum; Anm. d. Red.] kann nicht mehr gebucht werden, weil wir unter anderem aufgrund der gesetzlichen Regelungen gezwungen sind, Plätze in Wilhelmsdorf und in der Haslachmühle abzubauen.
Arnegger: An diesem Punkt gestaltet sich auch die Masterplanung in der Behindertenhilfe schwierig. Denn wir müssen bei der Dezentralisierung immer berücksichtigen, dass wir mit Menschen zu tun haben, die an den beiden Hauptstandorten bisher über Jahrzehnte gewohnt haben. Wir können diese Leute nicht zwingen, an die dezentralen Standorte zu gehen, wenn sie es nicht wollen.
Rund 173 Millionen Euro haben die Zieglerschen für die kommenden 10 Jahre an Bauvolumen angesetzt. Reicht das, um alle gesetzlichen Anforderungen umzusetzen? Und woher kommt das Geld?
Fischer: Wir können nur die Gebäude bauen, für die wir eine entsprechende Förderung oder eine auskömmliche Refinanzierung über die Leistungsentgelte hinbekommen. Die Behindertenhilfe muss auf alle fachlichpolitischen Anforderungen reagieren. Teilweise bekommen wir keine angemessene Bezahlung für die Umsetzung dieser Anforderungen.
Arnegger: Die Projekte in der Behindertenhilfe, der Altenhilfe und im Hör-Sprachzentrum werden über den Investitionskostensatz finanziert, also über Refinanzierung der Kostenträger. Dabei müssen wir von Projekt zu Projekt zwischen Eigenfinanzierung und Investorenmodellen entscheiden.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!