»Jeder einzelne Mensch ist die Hilfe wert«
Elke Schübert
»Jeder einzelne Mensch ist die Hilfe wert«
Elke Schübert
Interview
April 2016
Elke Schübert vom Helferkreis Asyl in Wilhelmsdorf bat letzten Herbst um Spenden für ein Integrationsprojekt für Flüchtlinge. Die Resonanz war überwältigend. Wir haben nachgefragt, wie das Projekt läuft.
Text: Petra Hennicke
Wer einen Eindruck davon bekommen möchte, wie stark das Thema »Flüchtlinge« den Alltag selbst im kleinen Wilhelmsdorf bewegt, der muss einfach mal versuchen, ein längeres Gespräch mit Elke Schübert zu führen. Elke Schübert ist Leiterin des Helferkreises Aysl in Wilhelmsdorf und Mitarbeiterin des Diakonischen Instituts für soziale Berufe (DI), an dem die Zieglerschen beteiligt sind. Ein Interview mit ihr ist etwa so, als säße sie auf einem Kettenkarussell. Ein, zwei Sätze Gespräch, dann: »Moment mal, ich bin gleich wieder da« ... Ein junger Mann aus Gambia steht in der Tür und braucht Hilfe bei einer Bewerbung. Danach ruft eine Frau an und fragt, wie sie helfen kann, wenn morgen die sechs neuen Flüchtlingsfamilien nach Wilhelmsdorf kommen. Zwischendurch klopft ein Mann aus dem Irak. Er hat ein Schreiben vom Amt in der Hand, das er nicht versteht. So entsteht in etwa sechs Etappen ein Interview.
Frau Schübert, Sie haben im Herbst um Spenden für ein Integrationsprojekt am Diakonischen Institut in Wilhelmsdorf gebeten. 2016 sollte es losgehen. Hat der Kurs stattgefunden?
Ja! Wir haben die nötigen Spenden bekommen und der Kurs konnte starten. Am 7. Januar ging es mit 11 Asylbewerbern los. Das Projektteam um Claudia Madei-Hötzel und Judith Kohberger vom DI hat alles super organisiert. Dozenten und Schüler unserer Schule haben montags, dienstags und mittwochs nach dem regulären Unterricht mit den Flüchtlingen gearbeitet. Am Montag gab es zum Beispiel Schulungen in Haushalt und Hygiene mit Uta Amend. Die meisten Asylbewerber, oft junge Männer, haben das zu Hause nie gelernt. Außerdem brauchen sie die Kenntnisse, um Reinigungsjobs oder eine Arbeit in der Gastronomie annehmen zu können. Die Hygieneschulungen haben wir deshalb gemeinsam mit dem Landratsamt Ravensburg durchgeführt.
Welche Arbeiten haben die Flüchtlinge noch kennengelernt?
Zum Beispiel Arbeit mit Menschen mit Behinderung, Landwirtschaft, Gastronomie, Metallbearbeitung, Holzbearbeitung. Im Schreinerei-Kurs haben sie Regale für die neue Kleiderkammer gebaut, die wir jetzt in Wilhelmsdorf eröffnet haben. Das war ein schönes praktisches Ergebnis. Mittwochs gab es internationales Kochen, das war immer sehr lebendig und mit Deutschlernen verknüpft. Überhaupt: Deutsch intensiv stand natürlich an oberster Stelle.
Mitte März wurde das Projekt beendet. Wie ist Ihr Fazit?
Gemischt. Wir haben Erfolge, aber auch Enttäuschungen. Einige Teilnehmer haben das wirklich gute Projekt dankbar genutzt, andere kamen irgendwann nicht mehr. Wieder andere nur sporadisch oder oft zu spät. Persönlich entwickelt haben sich letztlich alle: Zwei unserer Kursteilnehmer möchten gerne mit behinderten Menschen in den Zieglerschen arbeiten, für andere suchen wir derzeit Praktika oder Stellen. Alle, die dabeigeblieben sind, haben ein Zertifikat und eine wirklich aussagekräftige, individuelle Beurteilung erhalten. Das war auch für sie selbst eine gute Rückmeldung. Und selbst die Asylbewerber, die den Kurs abgebrochen haben, haben unterm Strich etwas gelernt: So komme ich hier in Deutschland nicht weiter, das Arbeitsleben läuft hier anders. Nun müssen sie entweder bereit sein, etwas zu lernen oder es wird schwierig für sie. Nicht zuletzt war die Arbeit mit Flüchtlingen auch für unsere Schüler eine wichtige Erfahrung.
Gibt es in Zukunft weitere Kurse?
Das ist noch nicht klar. Wir möchten gerne, aber der Aufwand ist hoch. Wir müssen sehen, ob wir das noch mal schaffen.
Sie beschreiben das alles bemerkenswert offen und realistisch. Ist die ganze Mühe nicht wie ein Tropfen auf den heißen Stein?
Manchmal empfinde ich das auch so, ja. Aber ich kann nur so arbeiten! Mein Motto, gerade als Christin, ist: »Jeder Einzelne zählt«. Jeder einzelne Mensch, dem ich helfen kann, jeder, dem wir eine Perspektive schaffen können – für den freue ich mich. Jeder einzelne Mensch ist die Hilfe wert. Dafür lohnt sich jede Mühe!
Vielen Dank für das offene Gespräch!
Erfahren Sie mehr
Geschafft: Die stolzen Teilnehmer des Integrationsprojektes mit ihren Zertifikaten und den zufriedenen Mitgliedern des Projektteams.