»Aussprache wird über-, Verständnis wird unterschätzt«
Adrreas Schmid
»Aussprache wird über-, Verständnis wird unterschätzt«
Adrreas Schmid
Expertentipp
September 2024
Wie bemerken Eltern, ob ihr Kind Schwierigkeiten im Bereich Sprache hat? Und was passiert dann? Interview mit Andreas Schmid, Schulleiter der Schule am Wolfsbühl, einem SBBZ mit dem Förderschwerpunkt Sprache.
Text: Nicola Philipp
Herr Schmid, was ist typisch für die Kinder an Ihrer Schule?
Die meisten haben Probleme mit dem Sprachverständnis. Sie haben einen sehr kleinen Wortschatz oder tun sich mit Grammatik schwer. Ein gutes Beispiel sind Passivkonstruktionen. »Maja wird von Marko geschoben.« Wer schiebt jetzt wen? Oder wenn Dinge, die später passieren, im Satz zuerst genannt werden: »Bevor es zu regnen anfing, stand das Pferd auf der Koppel.« Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS) spielen auch eine Rolle. Wenn ich mir nur sehr wenige Dinge merken kann, habe ich mit jedem Satz, der länger geht, ein Verständnisproblem. Und dann gibt es noch Kinder, die »nur« Ausspracheprobleme haben oder stottern. Das kann in der Regel mit Logopädie gelöst werden. Diese Kinder brauchen keinen Schulplatz bei uns. Aussprache wird überschätzt, Sprachverständnis unterschätzt.
Wie bemerken Eltern, dass ihr Kind Schwierigkeiten mit der Sprache hat?
Manchmal merken es Eltern selbst im Vergleich mit gleichaltrigen Kindern. Oder das Kind fällt im Kindergarten oder beim Kinderarzt auf. Den Eltern wird geraten, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Bei uns in der Beratungsstelle kann man einfach anrufen und einen Termin ausmachen für eine erste Diagnose. Manche Kinder fallen erst einer Lehrkraft in der Schule auf. Dann kann diese, mit dem Einverständnis der Eltern, den Sonderpädagogischen Dienst rufen.
Und was genau macht der Sonderpädagogische Dienst dann?
Ein Sonderpädagoge kommt in den Unterricht, guckt sich das Kind an und spricht mit der Lehrkraft. Manchmal hilft es schon, eine Ergo- oder Logopädie anzuregen oder das Kind in die vordere Reihe zu setzen. Oder es wird ein Überprüfungsverfahren empfohlen, damit das Kind entweder an einem SBBZ oder an der örtlichen Schule inklusiv beschult werden kann. Manche Kinder können ihr Potential erst bei uns am SBBZ mit Schwerpunkt Sprache voll ausschöpfen. Mit kleinen Klassen und Expertinnen, die den Unterricht entsprechend gestalten.
Tipp
Liebe Eltern, warten Sie nicht zu lange. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind Probleme mit dem Sprechen oder dem Verständnis hat, suchen Sie eine Beratungsstelle auf. Die Beratung ist kostenlos und Sie brauchen kein Rezept. Je früher die Kinder Förderung bekommen, desto besser kann geholfen werden!
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