»Für den Einzelnen bleibt mehr Zeit als vorher«

Andreas Eger

Interview

»Für den Einzelnen bleibt mehr Zeit als vorher«

Andreas Eger

Interview

September 2015

Interview mit Andreas Eger, langjähriger Hausleiter in Rot an der Rot und seit Anfang August Regionalleiter West, zu den positiven wie negativen politischen Entwicklungen im Bereich der Pflege.

Text: Volkmar Schreier

Herr Eger, Sie sind seit 1. August neuer Regio­nal­lei­ter und waren bis vor Kur­zem Haus­lei­ter in Rot an der Rot – ein Per­spek­ti­ven­wech­sel. Künftig wer­den Sie sich noch viel mehr mit den poli­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen in der Alten­pflege befas­sen. Und hier tut sich der­zeit viel – Posi­ti­ves wie Nega­ti­ves ...

Ja, seit Jah­res­be­ginn ist ja das neue »Pfle­gestärkungs­ge­setz« des Bun­des in Kraft. Das gibt uns zum Bei­spiel die Chance, die Zahl der soge­nann­ten All­tags­be­glei­ter zu erhöhen und so unsere Ange­bote im Bereich der Betreu­ung und Akti­vie­rung wei­ter aus­zu­bauen. Die­ses »Mehr« an Per­so­nal kommt direkt bei unse­ren Kun­den an.

Was machen diese All­tags­be­glei­ter genau?

Sie unterstützen unsere Kun­den ganz direkt im tägli­chen Leben: Sie hel­fen ihnen beim Erhalt ihrer persönli­chen Selbstständig­keit, bei­spiels­weise indem sie mit ihnen ein­kau­fen gehen. Auch das Ermögli­chen von Selbst­be­stim­mung spielt eine große Rolle. Sie machen unse­ren Kun­den religiöse, künst­le­ri­sche und auch kul­tu­relle Ange­bote. Und sie sind ein­fach für unsere Kun­den da und haben ein offe­nes Ohr für sie. Dabei ori­en­tie­ren sie sich immer an den persönli­chen Vor­lie­ben, aber eben auch an den Möglich­kei­ten und Res­sour­cen, die die Men­schen haben.

Sie schaf­fen also mehr Lebens­qua­lität für die Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner ...

Ja, und das gelingt uns seit Anfang des Jah­res nun noch bes­ser. Unterm Strich haben wir ja mehr Per­so­nal – es bleibt also für den Ein­zel­nen mehr Zeit als vor­her. Somit pro­fi­tie­ren alle – Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner, Pfle­ge­fachkräfte, Betreu­ungs­per­so­nal und Haus­wirt­schaft – von der neuen Rege­lung.

Es gibt aber nicht nur posi­tive Ent­wick­lun­gen ... So hat das Sozial­mi­nis­te­rium des Lan­des Baden-Württem­berg Anfang Juli in einem Ent­wurf zur Per­so­nal­ver­ord­nung die per­so­nel­len Anfor­de­run­gen an sta­tionäre Ein­rich­tun­gen neu gere­gelt. Was steht drin?

Zum einen soll der Per­so­nal­ein­satz ins­ge­samt fle­xibler gestal­tet wer­den können, zum ande­ren sol­len im Nacht­dienst mehr Fachkräfte als bis­her ein­ge­setzt wer­den. Eine Pfle­ge­fach­kraft soll nur noch für maxi­mal 40 Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner zuständig sein. Ist in der Ein­rich­tung zusätzlich ein geschlos­se­ner Bereich vor­han­den, muss eine wei­tere Pfle­ge­fach­kraft in der Nacht ein­ge­setzt wer­den.

Mehr Per­so­nal im Nacht­dienst ist doch für die Bewoh­ner eine gute Sache, oder?

Natürlich, grundsätzlich begrüßen wir das. Aber durch den stärke­ren Ein­satz von Kräften in der Nacht wird der Tag­dienst aus­gedünnt – irgend­wo­her müssen diese zusätzli­chen Kräfte in der Nacht ja kom­men. Gerade die zei­tin­ten­si­ven Auf­ga­ben unse­rer Pfle­ge­fachkräfte fal­len aber alle am Tag an. Und wei­tere Stel­len für den Nacht­dienst bekom­men die Träger der­zeit nicht refi­nan­ziert. Anschei­nend sieht das Sozial­mi­nis­te­rium eine Ver­bes­se­rung der Per­so­nal­si­tua­tion am Tag nicht als not­wen­dig oder erwünscht an. Und: Die Fest­le­gung auf maxi­mal 40 Bewoh­ner je Fach­kraft in der Nacht passt nicht zu dem, was die Lan­des­heim­bau­ver­ord­nung sagt. Dort lau­tet die Vor­gabe, dass in einem Wohn­be­reich maxi­mal 15 Men­schen leben sol­len – drei Wohn­be­rei­che erge­ben rech­ne­risch aber 45 Bewoh­ner ... Da muss also noch nach­ge­bes­sert wer­den!

Herz­li­chen Dank für das Gespräch!