Expertentipp
Dezember 2021
Wie stärkt man Mitarbeitende, die im Hamsterrad des Arbeitsalltags den Sinn ihrer Arbeit nicht mehr erkennen können? Interview mit Karin Behlke, Leiterin Personalentwicklung bei den Zieglerschen.
Text: Stefan Wieland
Mitarbeitende in unseren Einrichtungen, gerade Pflegekräfte, stehen oft unter besonderem Druck. Welche Angebote zur Stärkung haben Sie?
Bei uns gibt es Einzelcoachings, Team-Supervisionen und auch interne Fortbildungsangebote, etwa zu Achtsamkeit, Ressourcentraining (ZRM) oder fachliche Angebote, um Handlungsoptionen im Alltag zu erweitern. In der Arbeit mit Teams bewegen wir dabei zum Beispiel Themen wie »Wo stehen wir? Was haben wir schon geschafft? Wo wollen wir gemeinsam hin?« Entscheidend ist hier der ressourcenorientierte Blick. Wir neigen dazu, defizitorientiert zu denken. Unser Fokus liegt oft auf dem, was wir nicht können oder was uns nicht gelingt. Diese Sichtweise raubt Kraft – Kraft, die wir zielgerichteter einsetzen können. Daher geht es in Supervisionen oder Coachings auch darum, diesen Perspektivwechsel einzunehmen, um die Selbstwirksamkeit zu erhöhen. Unsere Angebote lösen natürlich nicht alle Probleme, können aber im Arbeitsalltag entlasten.
Eine Coachingsituation ist etwas anderes als der Arbeitsalltag. Wie gelingt es, auch im stressigen Alltag diesen Perspektivwechsel beizubehalten?
Zum Beispiel, indem bei Teambesprechungen ein fester Tagesordnungspunkt eingebaut wird für den Blick, was in der Woche gut gelaufen ist. Oder auch gegenseitiges positives Feedback unter den Kolleginnen und Kollegen drückt Wertschätzung aus und fördert Motivation. Auch die wiederholte Frage an mich selbst, weshalb das, was ich hier tue, sinnhaft ist, kann die Zufriedenheit erhöhen und meinen Blick auf mich und den anderen verändern.
Erleben Sie es öfter, dass Mitarbeitende aus einer Drucksituation heraus diese Sinnhaftigkeit nicht mehr erkennen?
Ja, dies höre ich sehr häufig. Viele Mitarbeitende äußern, sie seien angetreten, weil sie Menschen helfen und für sie da sein wollen. Entwicklungen im Pflegebereich wie etwa steigende Dokumentationspflichten und Fachkräftemangel erschweren dies und erhöhen den Druck. Im Hamsterrad hat man vermeintlich keine Zeit, um über den Sinn nachzudenken. Umso wichtiger ist es, sich wenige Minuten Zeit dafür zu nehmen.
Tipp
Ob im Berufsleben oder privat: Vergessen Sie sich selbst nicht. Tun Sie auch sich selbst etwas Gutes. Grundsätzlich gilt: Ich kann besser für andere Menschen da sein, wenn ich mich auch selbst im Blick habe.