Expertentipp
September 2021
Andrea Bader, 38, ist Regionalleiterin Ambulant in der Altenhilfe der Zieglerschen und Geschäftsführerin der Diakonie-Sozialstation Mössingen. Sie ist am Ausbau ambulanter Pflegeangebote in der Altenhilfe der Zieglerschen maßgeblich beteiligt.
Text: Nicola Philipp
Die Zieglerschen weiten ihr ambulantes Pflegeangebot aus, immer mehr Ambulante Dienste entstehen oder gehen aktiv nach außen. Was steckt dahinter?
Wir wissen schon länger, dass die ambulante Versorgung immer wichtiger wird. Deshalb wollen wir unser Portfolio erweitern und als kompetenter Partner für die Seniorinnen und Senioren alles aus einer Hand anbieten können. Auf qualitativ höchstem Niveau. Ambulante Pflege ist auch Zubringer für die Tages- oder stationäre Pflege. Wir wollen als DER Partner vor Ort wahrgenommen werden.
Gibt es den typischen Kunden im ambulanten Bereich?
Nein, den gibt es nicht. Ambulant können wir fast jeden versorgen, unsere Mitarbeitenden sind bestens qualifiziert. Wir versorgen alte, multimorbide Menschen, aber auch junge, etwa nach einem Schlaganfall, mit Alkoholsucht oder Multipler Sklerose. Fast ein Viertel unserer Kunden, rund 400 Menschen, sind unter 60 Jahre alt. Davon sind allein 150 Kinder und Jugendliche, vor allem in der Pflegeberatung.
Wann sollte man sich lieber für einen stationären Dauerpflegeplatz entscheiden?
Kritisch sind die Versorgung in der Nacht und der Grad der kognitiven Erkrankung. Wenn ein Mensch allein wohnt, aber nachts nicht allein sein kann, ist die Frage, ob diese Person ambulant gut aufgehoben ist. Oder Menschen mit einer sogenannten Hinlauftendenz, die sich aufgrund einer dementiellen Erkrankung aus einer sicheren Umgebung entfernen und nicht zurückfinden. Auch hier muss man prüfen, ob man als »Läufer« nicht stationär besser aufgehoben ist.
Wann eigne ich mich als Pflegekraft für den Einsatz im ambulanten Dienst?
Wenn ich mit der Vielseitigkeit der Pflegebedürftigkeiten klarkomme und selbstständig arbeiten mag. In der ambulanten Pflege bin ich immer allein. Kein Team ist da, auf das ich zurückgreifen kann. Wenn ich beim Kunden in eine Notsituation komme, muss ich schnell selbst entscheiden, was zu tun ist. Ich komme rein und finde einen Menschen vor, der bewusstlos ist oder stark blutet. Ich muss die ganze Kette abspulen, was wie zu tun ist: Notruf absetzen, Platz schaffen, eventuell die Reanimation durchführen. Keiner packt mit an, bis der Notarzt da ist.
Tipp
Wenn man sieht, dass ein Mensch sich nicht mehr selbst helfen kann, z.B. die Haare nicht mehr wäscht, dann ist Hilfe nötig. Ja, es ist schwer, sich das einzugestehen. Aber als pflegender Angehöriger sollte man einen Antrag auf Pflegegrad stellen und Unterstützung annehmen. Man braucht ja selbst auch Entlastung!