
»Jeder Tag hat etwas Gutes – man muss es nur sehen«

»Jeder Tag hat etwas Gutes – man muss es nur sehen«
Expertentipp
November 2019
Gabriele Moosmann ist schon 25 Jahre bei den Zieglerschen. Nun, mit 65, hat sie noch einmal eine neue Ausbildung als Mentorin begonnen und wird künftig junge Menschen für die Arbeit in der Altenhilfe befähigen.
Text: Annette Scherer
Frau Moosmann, was sind für Sie Urgesteine und wie wird man eines?
Erst mal ist das für mich ganz positiv besetzt. Urgesteine sind Mitarbeitende oder Ehrenamtliche, die schon ganz lange dabei sind und nie die Freude an ihrer Arbeit verloren haben. Gelingen kann das, wenn wir in allem versuchen, auch das Positive zu sehen. Jeder Tag hat auch etwas Gutes – man muss es nur sehen. Das bedeutet nicht, dass man alles immer klaglos akzeptieren muss. Wenn man etwas dagegen tun kann, sollte man aktiv werden. Ansonsten aber die Bedingungen akzeptieren, die das Leben einem stellt. Sich für das Positive zu entscheiden, erfordert oft Disziplin und ist manchmal richtig Arbeit.
Fachkräftemangel, Stress, Burn-out – wie schafft man es trotzdem, lange und gut in einem sozialen Beruf zu arbeiten?
Es gibt in jedem Beruf Rahmenbedingungen und wie ich die ausfülle, entscheide ich selber. Gegenseitiges Wahrnehmen und Wertschätzen sind für mich ganz wesentliche Punkte für zufriedenes Arbeiten. Wir müssen die Zeit, die wir haben, nutzen, um miteinander in Verbindung zu kommen – sowohl in der Pflege als auch im Büro. Wenn uns das gelingt, fühlt sich das Gegenüber angenommen und auch ich bin befriedigter in meiner Arbeit.
Sie selber sind seit vielen Jahren in der Altenhilfe tätig. Haben Sie auch Tipps, wie man im Pflegeheim zufrieden seinen letzten Lebensabschnitt erlebt?
Menschen, die loslassen können, nicht kämpfen und mit sich und der Situation Frieden geschlossen haben, können auch in einem Haus der Altenhilfe zufrieden alt werden. Ich empfehle immer, sich möglichst früh mit der Tatsache zu befassen, dass man loslassen muss und darüber auch mit Angehörigen zu sprechen. Für uns als Mitarbeiter gilt es, den einzelnen Menschen, mit seinen Bedürfnissen und Wünschen, wahrzunehmen. Oft hilft es, wenn wir an gute Erinnerungen der Bewohner aus ihrer Jugend anknüpfen. Beispielsweise beim Gang auf den Markt, wo es dann eine Bratwurst gibt. Das ist für viele alte Menschen eine Riesenfreude. Selbst die, die sonst Hilfe beim Essen benötigen, halten da oft ihre Wurst selber in der Hand und schaffen es, selbstständig zu essen.
Tipp
Mein Vater hat immer gesagt: »Der Herrgott lädt einem nie mehr auf, als man tragen kann!« Sein Tipp war, beim Abendgebet zu überlegen, was man am Tag hätte besser machen können. Dann das Negative abhaken und drei gute Dinge des Tages überlegen, die man in den Schlaf nimmt. So mache ich es seit meiner Kindheit.