Sind sportliche Menschen weniger süchtig?

Expertentipp

Sind sportliche Menschen weniger süchtig?

Expertentipp

September 2018

André Letzner, Diplom-Sportlehrer und Rückenschullehrer, ist seit 2007 Sporttherapeut in der Suchtfachklinik Ringgenhof. Er hat er schon vielen Patienten zu neuer Fitness und Freude an der Bewegung verholfen.

Text: Annette Scherer

Herr Letz­ner, wie wich­tig ist Sport bei der The­ra­pie sucht­kran­ker Men­schen?
Sport ist neben der Medi­zin, der psy­cho­lo­gi­schen Betreu­ung und der Arbeits­the­ra­pie einer der vier großen The­ra­pie­bau­steine in der Sucht­hilfe. Sport baut Druck ab, stei­gert das körper­li­che und das psy­chi­sche Durch­hal­te­vermögen und trägt oft auch zur Teamfähig­keit von Men­schen bei. Gleich­zei­tig ler­nen sport­lich aktive Men­schen, dass sich etwas verändert, wenn sie etwas tun.

Sieht die Sport­the­ra­pie bei jedem Sucht­pa­ti­en­ten gleich aus?
Nein. Wenn neue Pati­en­ten zu uns kom­men, durch­lau­fen sie zunächst einen moto­ri­schen Ein­gangs­test. Uns ist es wich­tig, möglichst indi­vi­du­ell auf jeden ein­zel­nen Pati­en­ten ein­zu­ge­hen. Am Ende der Reha gibt es einen Re-Test, der zeigt, ob und wie sich die körper­li­che Fit­ness des Ein­zel­nen im Laufe der Reha verändert hat. Die meis­ten Pati­en­ten sind am Ende ihrer Reha deut­lich fit­ter als vor­her. Das ist ein wich­ti­ger Fak­tor bezüglich ihrer Arbeitsfähig­keit: Wer arbei­ten will, braucht meist eine gewisse körper­li­che Fit­ness und gesunde Gelenke. Dane­ben natürlich auch psy­chi­sches Durch­hal­te­vermögen und Teamfähig­keit. Auch diese Berei­che können im Sport geschult wer­den.

Sind sport­lich aktive Men­schen weni­ger sucht­krank? Schützt Sport vor Sucht?
Prin­zi­pi­ell ja. Orga­ni­sier­ter Sport kann hel­fen, in eine Regelmäßigkeit des Frei­zeit­ver­hal­tens zu kom­men. Regelmäßiger Sport erhält die Beweg­lich­keit und stärkt den Herz-Kreis­lauf­be­reich. Sport kann aber auch sel­ber zur Sucht wer­den – vor allem bei Dro­gen­pa­ti­en­ten, die sich oft über ihren Körper defi­nie­ren.

Wie viel Zeit sollte man pro Woche für sport­li­che Akti­vitäten reser­vie­ren? Gibt es Akti­vitäten, die beson­ders posi­tiv wir­ken?
Gene­rell ist es immer posi­tiv, wenn sich jemand sport­lich betätigt, sofern man keine körper­li­chen Beeinträchti­gun­gen hat. Die Sport­art sel­ber ist sekundär, wich­tig ist vor allem, dass es Freude macht.

Herz­li­chen Dank für das Inter­view!

Tipp

3 x 30 Minuten pro Woche Sport sind besser als einmal 90 Minuten. So kann der Fitnesslevel schrittweise erhöht werden. Übrigens ganz wichtig: Nach dem Training sollte man keinen Alkohol trinken. Denn sonst baut der Körper den Alkohol ab, anstatt zu regenerieren und Muskeln aufzubauen.