
»Wie können wir als Familie gut Weihnachten feiern?«
Angela Pohlmann

»Wie können wir als Familie gut Weihnachten feiern?«
Angela Pohlmann
Expertentipp
Dezember 2022
Angela Pohlmann vom psychologischen Fachdienst der Jugendhilfe regt an: Einfach mal innehalten und die Rituale hinterfragen. Dann lässt sich Weihnachten zufriedener und entspannter feiern.
Text: Volkmar Schreier
Freunde sagen mir vor Weihnachten: »Eigentlich hab ich gar keine Lust auf die traditionelle Familienfeier, da gibt’s jedes Jahr Stress.« Warum ist das so?
Weihnachten mit der Familie zusammen feiern kann wie ein Brennglas wirken. Im Nu entfachen sich Konflikte und Zerwürfnisse, weil Menschen mit unterschiedlichsten Erwartungen an sich selbst und den anderen aufeinandertreffen. Zudem steht oft unausgesprochen oder auch unbewusst die Idee im Raum, dass das Zusammensein harmonisch und ohne Streit verlaufen soll. Unerfüllte Erwartungen können zu Anspannung und Stress führen.
Aber wir wünschen uns doch gerade ein fried- und freudvolles Fest.
Wenn wir uns ein friedvolles Fest wünschen, kann es vielleicht hilfreich sein, sich selbst Gedanken darüber zu machen, dass dieser Frieden auch im Sinne von »ich bin zu-frieden« gemeint ist. Das kann uns dazu bringen, uns vorher selbst Fragen zu stellen: Wie will ich Weihnachten feiern? Was ist mir wirklich wichtig an diesem Fest? Was bedeutet es mir? Will ich überhaupt feiern? Mit wem? Wie sollen die Tage verlaufen, damit ich zufrieden bin, und was bin ich bereit dafür zu tun? Wenn ich diese Fragen für mich beantworten kann, ist das die beste Voraussetzung, mich mit den betreffenden Menschen – dem Partner, den Kindern, den Eltern, den Freunden – auseinanderzusetzen, was diese wollen und was sie zufrieden macht.
Ich kann und muss es aber nicht jedem recht machen, oder?
Unter Berücksichtigung dessen, was die anderen wollen, wägt jeder für sich ab: Welche Kompromisse will ich machen, welche nicht. Vielleicht bringt das mit sich, der einen oder anderen Erwartung nicht zu entsprechen und damit jemanden zu frustrieren. Möglicherweise werde auch ich frustriert. Das Recht, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, gilt ja für alle. Die Frustration wird sich nach einer Weile auflösen – zumindest, wenn die betreffenden Personen sich mögen oder lieben. Wenn wir aufhören darauf zu warten, dass der andere meine Erwartungen erfüllt, wirkt sich das auf das Zusammensein entspannend aus. Und den Kindern sind wir damit ein gutes Vorbild.
Tipp
Haben Sie Mut zur Lücke: Lassen Sie eines von den Weihnachtsritualen weg, denen Sie seit Jahren folgen. Beobachten Sie, was passiert. Fehlt Ihnen etwas? Mögen Sie das Ritual im nächsten Jahr wieder neu zum Leben erwecken? Vielleicht auf andere Weise? Oder freuen Sie sich über den neu gewonnenen Freiraum?