Menschen in den Zieglerschen
märz 2025

German Frank und Peter Grziwotz-Buck

Verlagsgründer

Wir konnten die Sachen ja nicht verschenken

Anfang der 1970er Jahre gab es für die Arbeit mit sprachbeeinträchtigten Kindern kaum Materialien zur Therapie und Diagnostik. Die beiden Lehrer German Frank und Peter Grziwotz-Buck erstellten sie kurzerhand selbst und gründeten wegen der Nachfrage im Kollegenkreis einen eigenen Verlag. Ihr Leitgedanke, dass Sprachtherapie Freude machen und abwechslungsreich sein soll gilt bis heute im Verlag am Sprachheilzentrum, angesiedelt am Hör-Sprachzentrum der Zieglerschen in Ravensburg. Gern erinnern sich die beiden Pensionäre an ihr besonderes Berufsleben.

Peter Grziwotz-Buck kam als junger Sonderpädagoge im Jahr 1970 zu den Zieglerschen nach Ravensburg. German Frank, ebenfalls Sonderpädagoge und leidenschaftlicher Zeichner, begann zwei Jahre später. Heute sind sie 83 und 80 Jahre alt. Sie verbrachten nicht nur fast ihr gesamtes Berufsleben bis zur Pensionierung gemeinsam, sie sind auch Freunde. Sie bauten unweit ihrer Arbeitsstelle nebeneinander ihre Häuser ohne Hecke oder Gartenzaun und fuhren sogar zusammen in den Urlaub.

»Für mich war die Stelle am Hör-Sprachzentrum eine wunderbare Möglichkeit, zurück nach Süddeutschland zu kommen«, erzählt Grziwotz-Buck, der aus Ehingen stammt. Frank, ursprünglich aus der Nähe von Bad Saulgau, interessierte sich ganz besonders für den Schulkindergarten, der im Herbst 1971 im neu erbauten Sprachheilzentrum eröffnet wurde. Und genau dort begegneten sich Frank und Grziwotz-Buck, der Abteilungsleiter des Schulkindergartens war.

»Damals gab es noch so gut wie kein Material, außer ein paar wenig motivierende Wortlisten«, erinnert sich Grziwotz-Buck. Also entwickelten die jungen Sonderpädagogen im Rahmen ihrer Therapievorbereitung und in täglicher Anwendung mit den Kindern kurzerhand selbst Ideen und Konzepte. Frank zeichnete außerdem ansprechende Motive mit hohem Wiedererkennungswert wie den Wuschelbären für Sprachlernspiele, Bilderbücher und Lautüberprüfungsbögen. »Unser großer Vorteil war, dass wir eine Druckmaschine zur Vervielfältigung im Keller des Hauses hatten«, sagt Frank. »Dort haben wir viele Stunden verbracht und Blätter sortiert.« Alles andere als selbstverständlich sei es damals gewesen, Kindern kostenlos Materialien mit nach Hause zu geben.

Kollegen, die zum Beispiel im Rahmen von Fortbildungen ins Ravensburger Hör-Sprachzentrum kamen, reagierten begeistert auf die Materialien und wollten »Wuschelbär & Co« gern bei ihrer eigenen Arbeit verwenden. »Wir konnten die Sachen ja nicht verschenken«, sagt Grziwotz-Buck. So sei es im Jahr 1974 im Grunde nur ein kleiner Schritt zur Geburtsstunde des Verlags am Sprachheilzentrum gewesen. Begonnen hat ein reger Versand. Gemeinsam waren Frank und Grziwotz-Buck auf Kongressen für Logopäden und Sprachheilpädagogen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs, um ihr Verlagsprogramm vorzustellen. Nicht selten sei ihnen das Material aus den Händen gerissen worden. »Einmal war bereits am ersten Tag alles weg«, erzählt Frank. Da das Porto für den Versand nach Österreich so teuer war, seien sie des Öfteren nach Bregenz gefahren, um dort die Päckchen aufzugeben. »Dass auch andere so gern mit unseren Materialen gearbeitet haben, war schon ein Erfolgserlebnis«, sagt Grziwotz-Buck.

Ganz am Anfang hätten sich die beiden Sonderpädagogen bei Kongressen noch kein Zimmer leisten können und deshalb im Zweimannzelt übernachtet. »Damals waren wir ja jung und es war nicht so schlimm, wenn mal eine Zeltstange gewackelt hat«, so Frank. Auch nach ihrer Pensionierung 2004 beziehungsweise 2007 fuhren die Verlagsgründer weiter zu Tagungen in Deutschland und Österreich – inzwischen jeder mit dem eigenen Wohnwagen. Ein Highlight in ihrem Berufsleben sei der Bundeskongress der deutschen Gesellschaft für Sprachheilpädagogik 1984 in Ravensburg gewesen, den sie als Vorstandsmitglieder des Landesverbands Baden-Württemberg mitorganisierten. Gerechnet hätten sie mit 600 bis 700 Teilnehmern. Gekommen seien über 1100, für die Unterkünfte und Busse bereitgestellt werden mussten.

»Ich hatte ein absolut erfülltes Berufsleben, in dem ich selbstständig arbeiten konnte und würde es genauso wieder machen«, blickt Grziwotz-Buck zurück. Dies könne er nur unterschreiben, fügt Frank hinzu. Er zeichnet nach wie vor Motive für die Materialien. »Früher hatten wir ein Telefon mit Wählscheibe. Das ist heute natürlich ein Mobiltelefon.« Für die ehemaligen Kollegen ist es eine große Freude, dass der Verlag am Sprachheilzentrum immer noch existiert und so toll weiterläuft. Heute versendet der Verlag am Sprachheilzentrum Therapiematerialien nach ganz Europa, manchmal sogar nach Australien oder Japan.

Von Claudia Wörner


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