Ein Neubau, der es sogar auf Wilhelmsdorfer Postkarten schafft: die neue Gotthilf-Vöhringer-Schule (r.)
1972
Rasantes Wachstum – auch über Wilhelmsdorf hinaus
In den 1970er Jahren sind die Zieglerschen Anstalten kaum wiederzuerkennen. Sie betreiben inzwischen Einrichtungen für »Hör-Sprachbehinderte, Lernbehinderte und Bildungsschwache, Suchtkranke und Oberschüler« sowie eine Fachschule für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik (Gotthilf-Vöhringer-Schule). 980 Schulplätze, 810 Heim- und Internatsplätze, 120 Heilstättenplätze und 430 Mitarbeiter weist die Statistik aus. Und das Wachstum geht weiter. »775 weitere Schulplätze, 90 zusätzliche Berufsbildungs- und Förderungsplätze, 440 weitere Heimplätze und 20 neue Heilstättenplätze« sind in Planung, Unterkünfte für »ca. 350 zusätzliche Mitarbeiter« sollen geschaffen werden. 100 Millionen DM beträgt der Investitionsbedarf. Und in der Tat: Es wird investiert. 1972 erhält Wilhelmsdorf mit der Gotthilf-Vöhringer-Schule einen auffälligen Neubau, der es sogar auf Postkarten schafft (siehe Foto). Hier zieht die ehemalige »Helferschule« aus der Haslachmühle ein.
Auch die Arbeit für Hör-Sprachbehinderte weitet sich aus. 1972 öffnet das »Sprachheilzentrum Ravensburg«, ein moderner Schulneubau mit Internat. Damit entsteht erstmals eine wichtige Einrichtung der Zieglerschen weit außerhalb der Wilhelmsdorfer Ortsgrenzen. Das Sprachheilzentrum entwickelt sich schnell zu einer Institution in Ravensburg und setzt vor allem fachlich Maßstäbe in der Arbeit mit hör-sprachbehinderten Kindern und Jugendlichen.
Verlag am Sprachheilzentrum
In der Arbeit mit hör-sprachbehinderten Kindern und Jugendlichen, die 1837 mit August Friedrich Oßwalds "Taubstummenanstalt" begann, haben die Zieglerschen auch weiterhin eine Vorreiterposition inne: 1974 gründet sich am neuen Sprachheilzentrum in Ravensburg ein Verlag, der das Lehr- und Diagnostikmaterial der Schule für Lehrende an anderen Sprachheilschulen verfügbar macht. Gründer und treibende Kräfte hinter dem Verlag sind die beiden Sprachheillehrer German Frank und Peter Grziwotz-Buck. Was in den 70er Jahren mit einfachen Kopiervorlagen beginnt, entwickelt sich zu einem farbenfroh gestalteten und liebevoll durchdachten Verlagsprogramm auf dem neuesten Stand der Wissenschaft. Lehrkräfte des Sprachheilzentrums konzipieren die Materialien, Verlags-Mitbegründer Frank zeichnet auch im Ruhestand nach wie vor die Illustrationen. Der Grundgedanke des Verlags - damals wie heute - lautet: "Sprachtherapie soll Freude machen".