Unterstützte Kommunikation ist bis heute Schwerpunkt der Arbeit in der Haslachmühle


1966

Neuanfang in der Haslachmühle

1966 überschlagen sich in der Haslachmühle die Ereignisse: Die »Heilstätte für suchtkranke Männer« zieht in einen hochmodernen Klinik-Neubau in Wilhelmsdorf um: das Fachkrankenhaus Ringgenhof.

Für die freigewordenen Gebäude in der Haslachmühle wird eine neue Bestimmung gesucht. Sie findet sich schnell. Die Haslachmühle wird nun zum Heim für mehrfachbehinderte Kinder und Jugendliche. Unter Leitung von Ernst Blickle und Heidi Ziegler beginnt die schulische Betreuung von 27 Kindern, die neben ihrer geistigen Behinderung auch eine Hör- und Sprachschädigung haben. Damit wird in der Haslachmühle eine neue Ära eingeläutet. Ernst Blickle und Heidi Ziegler entwickeln eine ganz neue Form der Kommunikation »mit Händen und Füßen« und gelten heute als Pioniere dieser speziellen Gebärden-Kommunikation.

Die durch Gebärden unterstützte Kommunikation mit Menschen mit Behinderung ist Schwerpunkt der Arbeit in der Haslachmühle und in den Zieglerschen geblieben. Von Vaterunser bis Fußball: In den folgenden Jahrzehnten werden zahlreiche Plakate und Handbücher mit speziellen Gebärden veröffentlicht, die den Austausch mit nicht sprechenden Menschen erleichtern. Bis heute finden in der Haslachmühle regelmäßig gut besuchte Fachtage zum Thema »Unterstützte Kommunikation« statt, bei denen die Experten ihr Wissen zum Thema weitergeben. 2016 feiert die Haslachmühle 50-jähriges Jubiläum der Arbeit für Menschen mit Behinderung unter dem Motto »... und kein bisschen leise«.

Heidi Ziegler und Ernst Blickle – Pioniere der Gebärdensprache

Als Heidi Ziegler und Ernst Blickle 1966 beginnen »mit Händen und Füßen zu reden«, ist ihnen nicht bewusst, dass sie Pionierarbeit leisten. Sie wollen nur ihren Schülern, gehörlose Kinder mit geistiger Behinderung, etwas beibringen und merken schnell, dass das damals übliche Lippenlesen für sie kaum möglich ist. Also nutzen »Tante Heidi« und Ernst Blickle Hände und Füße – mit Erfolg! 1971 stellen sie eine erste Sammlung der häufigsten Gebärden in einem dünnen Heft zusammen: »Wenn man mit Händen und Füßen reden muß!« Die Kollegen anderer Einrichtungen reißen es ihnen aus der Hand. Überall wird nun mit Gebärden gearbeitet. Zwanzig Jahre später, 1991 werden die zahlreichen, vielerorts selbst entwickelten Gebärden erstmals vereinheitlicht. Es erscheint das Standardwerk für Gebärden zur Unterstützten Kommunikation: »Schau doch meine Hände an«. 2007 wird es ganz neu aufgelegt. Ernst Blickle, der seinen (Un)Ruhestand in Wilhelmsdorf verbringt, ist noch immer als Ratgeber dabei.