Historisches Dokument: die Empfehlungskarte der Heilstätte Zieglerstift


1905

Beginn der Arbeit für Suchtkranke

1905, nur eineinhalb Jahre vor seinem Tod, erweist sich Johannes Ziegler erneut als Visionär. Er gründet mit der »Heilstätte Zieglerstift Haslachmühle« einen bis dato völlig neuen Zweig der diakonischen Arbeit: Therapie alkoholkranker Männer. Dazu kauft er im September 1905 die Haslachmühle, eine Mahl- und Sägemühle in der Nähe von Wilhelmsdorf. Das »Zieglerstift Haslachmühle« wird am 1. Juli 1906 eingeweiht. Organisation, Betrieb und Personal dieses neuen Arbeitszweigs bescheren Ziegler viele Sorgen und schlaflose Stunden, die wohl auch mit zu seinem frühen Tod beigetragen haben. Die Erfolgsgeschichte des Hauses erlebt Johannes Ziegler nicht mehr, er stirbt am 4. September 1907.

Aus der Zeit des Ersten Weltkriegs (1914–1918) liegen nur wenige Informationen vor. Bekannt ist, dass ein Patientenmangel einsetzt, der auch die Bewirtschaft der Landwirtschaft schwierig macht. In die leerstehenden Gebäude ziehen derweil andere Bewohner: Sommergäste und Flüchtlinge aus Russland. Auch im zweiten Weltkrieg (1939-1945) muss die Arbeit mit Suchtkranken nie ganz aufgegeben werden – trotz massiver Bedrohung vor allem durch das Nazi-Regime.

Nach dem 2. Weltkrieg, 1946, wird in der Haslachmühle ein Ausbildungsgebäude für Helfer in Pflegeberufen bereitgestellt. So nimmt die Gotthilf-Vöhringer-Schule ihren Anfang. 1966 wird die Haslachmühle dann einer anderen Nutzung übergeben. Die suchtkranken Männer ziehen in die Fachklinik Ringgenhof nach Wilhelmsdorf und die Haslachühle wird zur »Schule für Kinder mit Hör-Sprach- und zusätzlicher geistiger Behinderung«. Bis heute ist die Haslachmühle in Besitz und Nutzung der Zieglerschen.

Ein Kauf mit Hindernissen

Ziegler hatte schon länger geplant, die Haslachmühle bei einer Versteigerung zu kaufen. Mit seinem »Herrgott« macht er eine Obergrenze aus: Bis 150.000 Mark würde er mitbieten. Voller Hoffnung nimmt er an der Auktion teil – und wird überboten. Für ihn ein klares Zeichen des Herrn, den Kauf nicht zu tätigen. Doch nur kurze Zeit später kommen die neuen Eigentümer der Haslachmühle auf Ziegler zu. Obwohl sie ihn überboten hatten, bieten sie ihm nun das Haus zum Kauf an. Für exakt 150.000 Mark. Da weiß Ziegler, dass er mit Zustimmung seines Gottes »zuschlagen« kann.